In einem informativen Vortrag referierte Alexander Graf Lambsdorff über den aktuellen Stand der TTIP-Verhandlungen. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments ist auch als Mitglied zweier relevanter Ausschüsse (für internationalen Handel und für auswärtige Angelegenheiten) nah dran am Brüsseler Geschehen. Somit konnte er viel Erhellendes zu den Hintergründen und Details des Freihandelsabkommens berichten. Das Interesse war groß. So war der Saal „Engel am Dom“ der Gnadenkirche in Bergisch Gladbach bis zum Rand gefüllt mit interessierten Besuchern – bei weitem nicht nur liberale Parteifreunde, die ihrem Bundesvorstand lauschen wollten.

Dem Vortrag schloß sich eine angeregte Diskussionsrunde, moderiert vom Bergisch Gladbacher FDP-Fraktionsvorsitzenden Jörg Krell, an. Dabei waren gerade die TTIP-Kritiker im Publikum mit ihren Fragen und Anmerkungen das „Salz in der Suppe“. Sie boten Graf Lambsdorff die Gelegenheit kritische Punkte nachvollziehbar zu erläutern und Vorurteile und Missverständnisse auszuräumen. Diese Chance nutze Graf Lambsdorff, indem er einfühlsam auf die geäußerten Ängste einging.

Insbesondere wies er darauf hin, dass gerade einmal Runde 9 von erwarteten 20 Verhandlungsrunden begonnen habe – und dass daher noch viel Spielraum für Anpassungen und Differenzierungen der transatlantischen Regelungen bestünde – bevor dann am Ende in all den Fragen, die die nationalen Regelungen beträfen, auch die nationalen Parlamente selber entscheiden. Damit betonte er den demokratischen Charakter des TTIP-Abkommens. Vorwürfe der mangelnden Transparenz entkräftete er mit konkreten Hinweisen auf die Informationsprozesse und die öffentliche Dokumentation der einzelnen Schritte.

Auch die strittigen Schiedsgerichtsverfahren und die zu erwartenden wirtschaftsfördernden Effekte kamen zur Sprache: Hier verwies er auf bereits bestehende Abkommen wie z.B. mit Südkorea als Erfolgsmodell – dies habe nachweislich zu einer Absatzsteigerung für deutsche Unternehmen geführt. Gerade für mittelständische Unternehmen stelle TTIP eine Erleichterung dar: Schiedsgerichte, wie sie schon im Handel mit zahlreichen Ländern seit Jahren gebräuchlich seien, ersparten diesen Unternehmen die oft horrenden Verfahrenskosten vor amerikanischen Gerichten. Sie seien zudem nur zuständig um Ungleichbehandlungen beispielsweise zwischen einheimischen und auswärtigen Unternehmen zu vermeiden. In die nationale Gesetzgebung, so wie von TTIP-Gegnern befürchtet, könnten sie nicht eingreifen. Anhand zahlreicher Beispiele zeigte bekräftigte er dann auch immer wieder, dass nationale Standards nicht außer Kraft gesetzt würden. Ziel und Sinn von TTIP sei es vielmehr, Diskriminierungen und damit Wettbewerbsnachteile im jeweils anderen Land zu vermeiden.

Graf Lambsdorff selber war begeistert von der konstruktiven Gesprächsatmosphäre dieses Abends und versprach beim Abschied, gerne ein weiteres Mal wiederzukommen. Das Plakat zur Veranstaltung gefiel ihm so gut, dass er es sich nachsenden ließ, um es in seinem Büro aufzuhängen!