Bevor die Justizministerin am 17. Juli das Bensberger Rathaus betrat, setzte sie sich im sonnigen Rathaushof erst einmal aufs Bett zu den Jungen Liberalen. Mit der gemütlichen Schlafstätte wollten die JuLis deutlich machen, dass sie nicht in jeder Lebenslage ausgespäht werden wollen.

Das Thema Datensicherheit ist aktueller denn je. „Die FDP wird als Kompass gebraucht, um die Balance zwischen Privat und Staat zu gewährleisten“, sagte Lindner in seiner Begrüßungsansprache an die rund 100 anwesenden Gäste. An Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wandte er sich mit der Frage, ob es nicht schön sei, dass sich nach all den Jahren des Widerstands gegen die Vorratsdatenspeicherung nun sogar die CSU zum Einlenken bereit zeigt.

Die Ministerin, die den Markenkern der Liberalen – die Verteidigung der Bürgerrechte – seit Jahren unbeirrbar vertritt, sieht die Privatsphäre der Menschen ebenso bedroht wie die Sicherheit. „Ich habe nichts gegen Kameras an Brennpunkten“, sagte sie, „aber es muss klar geregelt sein, wer über diese Daten verfügen darf und sie auswertet.“ Nichtsdestotrotz könne die Polizei nicht durch Kameras ersetzt werden.

Was die flächendeckende Spionage durch die amerikanische NSA und ihr Späh-Programm PRISM betrifft, verlangt Leutheusser-Schnarrenberger rückhaltlose Aufklärung. „Alle Wanzen müssen auf den Tisch!“ rief sie temperamentvoll ins Publikum. Auch nach dem Besuch des Innenministers, Hans-Peter Friedrich, in den USA gebe es nach wie vor mehr Fragen als Antworten.

Bis vor vier Wochen sei seitens des Koalitionspartners CDU/CSU noch erheblicher Druck auf sie ausgeübt worden, inzwischen werde auch dort über die Daten-Sammelwut laut nachgedacht. Bereits 2005 wurde mit den Stimmen der Christdemokraten und Sozialdemokraten eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet, was die Ministerin allerdings nie beeindruckte. 2010 wurde diese Richtlinie vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt. „Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel“, meinte Christian Lindner. Für die Sicherheit in Deutschland sind zahlreiche Bundes- und Landesbehörden zuständig, die untereinander aber zu wenig kommunizieren oder Informationen nicht weitergeben, wie der Fall der NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) gezeigt habe. Stattdessen wünscht sich die in Minden geborene Ministerin nur vier effiziente Bundesbehörden, die relevante Informationen im Rahmen der Gesetze austauschen.

Vizebürgermeisterin Ingrid Koshofer bat den prominenten Gast um Eintrag in das Goldene Buch der Stadt und erläuterte derweil die Besonderheit des von Gottfried Böhm in den 60er Jahren entworfenen Rathauses. Von den Einheimischen despektierlich „Affenfelsen“ genannt, wurde das Gebäude in diesem Jahr mit dem 3. Platz des bundesweiten Architekturpreises „Nike“ ausgezeichnet.