Wie gerecht ist Deutschland wirklich? – Mit dieser Frage beschäftigten sich unsere rund 70 Besucher. Die Erkenntnis des Abends: Es gibt dabei offenbar unterschiedliche Arten von Wirklichkeit. Das wurde bereits sichtbar bei den Beiträgen der Referenten, doch erst recht bei der anschließenden lebhaften Diskussion des Podiums mit dem Publikum.

Dr. Rolf Kroker vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln stellte einige gängige Thesen auf den Prüfstand. Er machte deutlich, dass die Einkommensverteilung in den letzten 10 Jahren weitgehend gleich geblieben ist und widerlegte die Behauptung, die Armen würden immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. Die sogenannte Mittelschicht erweist sich danach als ausgesprochen stabil. Feste sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze haben seitdem deutlich zugenommen – „gute“ Arbeit ist kein Auslaufmodell. Soweit die objektive Wirklichkeit.

Johannes Vogel, sozial- und arbeitspolitischer Sprecher der Freien Demokraten, machte jedoch deutlich, dass es daneben ein „gefühlte Wirklichkeit“ gibt. Er erläuterte, dass im Grunde nicht Armut gemessen werde, sondern Ungleichheit. Und die würde dann als ungerecht empfunden, wenn keine Perspektive erkennbar sei. Aufgabe der Politik sei es, für Chancen, für Entwicklungsperspektiven zu sorgen: Durch Bildung mit einer frühen und individuellen Förderung und mehr Freiheit für die einzelnen Schulen und mit einer modularen Bildung für diejenigen, die sonst auf dem Arbeitsmarkt chancenlos blieben.

Szymon Bartoszewicz vom Sozialen Netzwerk der evangelischen Kirche schilderte die Wirklichkeit in Bergisch Gladbach. Es sei die soziale Teilhabe, die den Unterschied mache zwischen arm und reich. Er wünschte sich von der Politik mehr nachhaltige Strukturen; sinnvolle langfristige Projekte seien gestrichen worden und man versuche nun, die entstandenen Defizite durch viele kleine Einzelmaßnahmen zu kompensieren.

In der anschließenden lebhaften Diskussion unter der Leitung von Dr. Axel Berger wurden weitere Aspekte angesprochen: Hohe Vorstandsgehälter, die finanzielle Ausstattung der sozialen Verbände etc. sensibilisierten die Besucher für eine differenzierte Sichtweise.

Ein gelungener Auftakt unserer Veranstaltungsreihe „Freiheit braucht Inspiration“.